Quo Vadis USA? Festvortrag zum Neujahrsempfang am 31. Januar 2025 von Prof. Dr.Manfred Berg (Universität Heidelberg)
Mit Donald Trumps Wahlsieg am 5. November 2024 hat sich die zählebige Vorstellung vom
„Zufallspräsidenten“ Trump erledigt. Unsere Gegenwart wird als The Age of Trump, das
Zeitalter Donald Trumps, in die Geschichte eingehen.
Eingangs verwies der Festredner kurz auf die strukturellen Faktoren, die Trumps Aufstieg
ermöglicht haben und die Prof. Berg in seinem Buch Das gespaltene Haus. Eine Geschichte
der Vereinigten Staaten von 1950 bis heute (Klett-Cotta, 2024) ausführlich analysiert. Im
Zentrum des Vortrags stand zunächst die Frage, warum Trump nach seinem Putschversuch
im Januar 2021 eine zweite Chance bekommen konnte. Anschließend erörterte der Referent,
welche Konsequenzen sich aus Trumps Rückkehr an die Macht für die amerikanische
Demokratie und die internationale Rolle der USA ergeben könnten.
Dass Trump nach dem Sturm auf das Kapitol noch eine politische Zukunft haben würde,
erschien unvorstellbar. Doch die Geschichte seines Comebacks spiegelt, wie Prof. Berg
darlegte, das fortgesetzten Versagens sowohl seiner Gegner als auch der amerikanischen
Institutionen. Dies gilt insbesondere für den Obersten Gerichtshof, der im Juli 2024 die
Grenzen der präsidialen Immunität so weit definierte, dass kaum zu erwarten steht, dass das
Gericht ihm in seiner zweiten Amtszeit Widerstand entgegensetzen wird.
Im Wahlkampf 2024 zeigte sich zudem, dass die von seinen Gegnern beschworene Gefahr
für die Demokratie für viele Wähler keine Rolle spielte. Während Trump Einbrüche in
demokratische Hochburgen gelangen, konnten die Demokraten weder mit ihrem Ticket
noch mit ihren Themen punkten. Trumps Zugewinne bei Hispanics und Afroamerikanern
werfen die Frage auf, ob die Republikanische Partei dabei ist, ihre Wählerbasis dauerhaft zu
erweitern.
Meint Trump es mit seinen radikalen Ankündigungen ernst und werden die checks and
balances der US-Verfassung die Machtgelüste eines Präsidenten einhegen können, der
keinen Hehl daraus macht, dass er gerne autoritär durchregieren möchte? Dass Trump
bereit ist, die Verfassung und das Recht zu brechen, hat er am 6. Januar 2021 bewiesen. Eine
zentralistische Diktatur ist in den USA schwer vorstellbar, so die These Prof. Bergs, sehr wohl
aber eine Tendenz zur illiberalen Demokratie, in der Gewaltenteilung und Freiheitsrechte
ausgehöhlt werden, die Regierung weitgehend die Medien kontrolliert und die Chance auf
einen durch Wahlen herbeigeführten Machtwechsel schwindet. In jedem Fall bedeutet
Trumps Wiederwahl einen Stresstest für die US-Demokratie und ihre Institutionen.
Außenpolitisch sind Trumps Ziele im Wesentlichen dieselben wie 2017: Eine
wirtschaftsnationalistische Handels- und Industriepolitik, der Rückzug aus internationalen
Verpflichtungen und Organisationen, eine Außenpolitik, die allein den nationalen Interessen
der USA dienen soll. Er wird die internationale Ordnung und das westliche Bündnis unter
Druck setzen, auch wenn ein Austritt aus der NATO vorerst nicht zu befürchten steht. Doch
anders als in den Jahren von 2017 bis 2021 steht der Westen seit Beginn der russischen
Aggression gegen die Ukraine heute vor einer existenziellen Herausforderung. Die Europäer
und die Deutschen im Besonderen müssen sich nicht nur darauf einstellen, dass der Ton aus
Washington sehr rau werden wird. Die zweite Amtszeit Donald Trumps könnte nun, so das
Fazit des Vortrags, den Anfang vom Ende des transatlantischen Zeitalters einläuten.